Richtlinien für die Förderung der Kindertagespflege

1. Gesetzliche Rahmenbedingungen und Auftrag für die Kindertagespflege

(1) Die Kindertagespflege hat ihre gesetzliche Grundlage im Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII). Die §§ 22 bis 24 SGB VIII (zuletzt geändert durch das „Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung – Tagesbetreuungsausbaugesetz / TAG und durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe – KICK) sowie die §§ 43 und 90 SGB VIII und des Ersten Ausführungsgesetzes NW zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (1. AG-KJHG), die §§ 4, 17, 22 und 23 KiBiz in ihrer jeweils gültigen Fassung regeln umfassend die Belange der Kindertagespflege und dienen als Grundlage für die Richtlinien.

(2) Die Kindertagespflege soll

  • die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern,
  • die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen,
  • den Erziehungsberechtigten dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können.

Dabei umfasst der Förderauftrag der Kindertagespflege Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, an der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.

2. Leistungen des Oberbergischen Kreises in Kooperation mit dem Tagesmütternetz Oberberg e.V.

(1) Die Leistungen umfassen in Kooperation mit dem Tagesmütternetz Oberberg e.V. die Gewinnung, Beratung und Qualifizierung von geeigneten Kindertagespflegepersonen einschl. der Feststellung der Eignung, die Information und Beratung von Erziehungsberechtigten über die Kindertagespflege sowie die Vermittlung des Kindes an eine geeignete Kindertagespflegeperson. Kindertagespflege wird vermittelt, soweit davon auszugehen ist, dass die Kindertagespflege in der Regel mehr als drei Monate erforderlich ist.

(2) Der Oberbergische Kreis gewährt in den gesetzlich vorgesehenen Fällen eine laufende Geldleistung an die Kindertagespflegeperson gem. § 23 SGB VIII und erhebt bei den Erziehungsberechtigten Elternbeiträge gemäß den festgelegten Bestimmungen.

(3) Der Kosten- und Leistungsrahmen wird gesondert geregelt.

3. Eignung der Kindertagespflegeperson

(1) Die Geeignetheit im Sinne von § 23 Abs. 3 SGB VIII liegt vor, wenn die persönlichen und die formalen Voraussetzungen sowie die Rahmenbedingungen der Kindertagespflegestelle gegeben sind. Dieses stellt die Verwaltung des Jugendamtes in Kooperation mit dem Tagesmütternetz Oberberg e.V. durch Gespräche, die Prüfung der erforderlichen Unterlagen und durch Hausbesuche fest.

(2) Persönliche Voraussetzungen

  • Die Kindertagespflegeperson bringt dem Kind in ihrer Grundhaltung Zuneigung, Zuwendung und Achtung entgegen.
  • Sie bringt Erfahrung im Umgang mit Kindern mit.
  • Sie sorgt für eine zuverlässige und verbindliche Kinderbetreuung.
  • Sie hat soziale und kommunikative Kompetenz im Umgang mit Kindern und Erziehungsberechtigten.
  • Sie toleriert andere Lebenskonzepte und Werthaltungen.
  • Sie kooperiert mit den Erziehungsberechtigten, anderen Kindertagespflegepersonen, dem Tagesmütternetz Oberberg e.V. und dem Jugendamt.
  • Sie ist gesundheitsbewusst und sorgt für eine ausgewogene, gesunde und kindgerechte Ernährung.

(3) Formale Voraussetzungen

  • Die Kindertagespflegeperson ist grundsätzlich bereit, Qualifizierungsangebote wahrzunehmen. Sie hat den Grundqualifizierungskurs (mind. 80 Unterrichtsstunden) erfolgreich absolviert. Ersatzweise können für die Grundqualifizierung andere pädagogische Qualifizierungsmaßnahmen mit mind. 80 Unterrichtseinheiten oder pädagogische Ausbildungen anerkannt werden. Diese Personen weisen im Laufe von zwei Jahren Fortbildungen im Bereich Frühkindliche Bildung (U3), rechtliche Grundlagen und Kinderschutz (§ 8a SGB VIII) nach.
  • Sie weist einen Erste-Hilfe-Kurs für Kleinkinder – nicht älter als 3 Jahre - nach.
  • Sie ist offen für Informations- und Eignungsgespräche und lässt Hausbesuche zu.
  • Sie legt eine Gesundheitsbescheinigung vor, aus der hervorgeht, dass sie frei von ansteckenden Krankheiten, psychischen Beeinträchtigungen und Suchterkrankungen ist sowie chronischen Erkrankungen, die die Erziehungsfähigkeit beeinträchtigen.
  • Sie legt für sich und alle übrigen volljährigen Haushaltsmitglieder ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis - nicht älter als 3 Monate - ohne jegliche Einträge vor.

(4) Rahmenbedingungen der Kindertagespflegestelle

  • Vor Beginn der bewilligten Kindertagespflege sollte eine dem Kind angemessene Eingewöhnung stattgefunden haben.
  • Die Räumlichkeiten bieten genügend Platz zum Spielen, für Bewegung und Ruhe.
  • Die Ausstattung der Räume mit Mobiliar sowie mit ausreichend Spiel- und Beschäftigungsmaterial ist altersentsprechend.
  • Es gibt eine Bewegungs- und Spielmöglichkeit draußen.
  • Sicherheitsaspekte werden beachtet.
  • Der Tagesablauf wird unter Berücksichtigung der individuellen Rituale, die dem Kind Sicherheit geben, kindgerecht gestaltet.
  • In den Räumen, die für die Betreuung der Kinder bestimmt sind, wird nicht geraucht. (§ 10 Abs. 4 KiBiz)
  • Bei der Betreuungszeit sind der Entwicklungsstand und die altersspezifischen Bedürfnisse zum Wohl des Kindes zu berücksichtigen, der Umfang der Betreuungszeit richtet sich grundsätzlich nach dem individuellen Bedarf.
  • Die tägliche Betreuungszeit beträgt in der Regel nicht mehr als 10 Stunden, die wöchentliche Betreuungszeit eines Kindes soll 50 Stunden nicht überschreiten.

(5) Grundsätzlich erfolgt die Vermittlung von Tagespflegekindern erst nach Abschluss der Qualifizierung. Wird mindestens ein Kind aus dem Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes betreut, werden die Kosten des Grundkurses auf Antrag durch den Oberbergischen Kreis erstattet.

4. Qualifizierung der Kindertagespflegeperson

(1) Die Qualifizierung der Kindertagespflegepersonen durch das Jugendamt in Kooperation
mit dem Tagesmütternetz Oberberg e.V. umfasst verschiedene Bausteine:

  • die Beratungsgespräche
  • den Grundqualifizierungskurs nach dem Curriculum des Deutschen Jugendinstituts (DJI) von mindestens 80 Unterrichtsstunden mit Zertifikat
  • den Aufbauqualifizierungskurs nach dem Curriculum des Deutschen Jugendinstituts (DJI) mit weiteren mindestens 80 Unterrichtsstunden mit Zertifikat
  • Gruppenarbeit mit Tagespflegepersonen durch das Tagesmütternetz Oberberg e.V. und
  • Angebote zum Erfahrungsaustausch
  • Sonstige Fortbildungsangebote

5. Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege

(1) Jeder, der Kinder außerhalb ihrer Wohnung in geeigneten Räumen während des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf einer Erlaubnis gemäß § 43 SGB VIII. Die Erlaubnis befugt in der Regel zur Betreuung von drei bis zu fünf fremden Kindern. Sie ist auf fünf Jahre befristet. Der Tagespflegeperson ist aufgegeben, das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuung des Kindes/ der Kinder bedeutsam sind.

(2) Die Erlaubnis ist auf die Tagespflegeperson und die Räumlichkeiten, in denen die Betreuung stattfinden soll, bezogen. Sie wird erteilt, wenn die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen erfüllt sind sowie Qualifikationsnachweise der Kindertagespflegeperson vorliegen.

6. Voraussetzungen für die Gewährung von Kindertagespflege

(1) Die Erziehungsberechtigten und das Kind müssen ihren Hauptwohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes haben. Die Kindertagespflege wird auf der Grundlage der gesetzlichen Vorgaben vorrangig für Kinder unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter gewährt.

(2) Die Förderung von Kindertagespflege:

a) erfolgt für Kinder unter zwei Jahren unter den Voraussetzungen des § 24
Abs. 3 SGB VIII.
b) Für Kinder im Alter von zwei Jahren bis zur Schulpflicht ist vorrangig prüfen, ob bis zum Schuleintritt eine Betreuung in einer Kindertagesseinrichtung möglich ist. Kindertragespflege kann hier nur ergänzend gefördert werden.
c) Für Schulkinder sind vorrangig alle anderen Betreuungsmöglichkeiten(z.B. Ganztagsschule) auszuschöpfen. Kindertagespflege kann hier ebenfalls nur ergänzend gefördert werden.

(3) Vor Bewilligung der Kindertagespflege ist ein Antrag auf Förderung der Kindertagespflege und die verbindliche Erklärung zum Elterneinkommen mit entsprechenden Nachweisen einzureichen.

(4) Die Förderung in Kindertagespflege kann auch gewährt werden, wenn in anderer Weise das Wohl des Kindes nicht gewährleistet ist. Die Regelungen der §§ 27 und 36 SGB VIII sind dann analog anzuwenden.

7. Mitteilungspflichten

(1) Die Kindertagespflegeperson und die Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, Änderungen im Kindertagespflegeverhältnis dem Jugendamt unverzüglich mitzuteilen, damit ggf. der Förderbescheid bzw. der Elternbeitragsbescheid angepasst werden kann. Die Mitteilungspflicht gem. § 60 SGB I wird vorausgesetzt. Dies gilt vor allem in Bezug auf:

  • Änderung der wöchentlichen Betreuungszeit
  • Beendigung und Wechsel des Arbeitsverhältnisses / der Bildungsmaßnahme der Eltern
  • Unterbrechungen der Kindertagespflege von mehr als zwei Wochen (ausgenommen Urlaub)
  • Erkrankung des Erziehungsberechtigten von mehr als zwei Wochen
  • Ausfall der Tagespflegeperson, wenn länger als zwei Wochen
  • Wohnungswechsel
  • Wechsel der Tagespflegeperson(nur möglich in vorheriger Abstimmung mit dem Tagesmütternetz)
  • Veränderungen der Einkommensverhältnisse der Erziehungsberechtigten

(2) Die Verpflichtung zur Mitteilung haben die Erziehungsberechtigten und die Kindertagespflegeperson jeweils eigenständig. Falls die Kindertagespflegeperson und die Erziehungsberechtigten dieser Mitteilungspflicht nicht nachkommen, kann die Förderung der Kindertagespflege rückwirkend eingestellt und das Kindertagespflegeentgelt zurückgefordert werden.

8. Betreuungsfreie Zeit - Urlaub der Tagespflegeperson

(1) Die Kindertagespflegeperson hat einen Anspruch auf drei Wochen betreuungsfreie Zeit pro Betreuungsjahr. Der Beginn einer Kindertagespflege während dieser Zeit ist nicht möglich.

(2) Die Inanspruchnahme der betreuungsfreien Zeit ist mit den Erziehungsberechtigten rechtzeitig abzustimmen.

9. Antrags- und Bewilligungsverfahren

(1) Die Erziehungsberechtigten beantragen schriftlich mittels Vordruck die Förderung ihres Kindes in Kindertagespflege. Dieser Antrag soll in der Regel mindestens vier Wochen vor Beginn der Kindertagespflege gestellt werden.

(2) Die Bewilligung erfolgt in schriftlicher Form längstens bis zum Ende des Betreuungsjahres (31. Juli) und legt die Kindertagespflegestelle, den Umfang der Betreuungszeit und das Entgeld fest.

(3) Ein Antrag auf Fortführung der Kindertagespflege muss von den Erziehungsberechtigten bis zum 31.05. eines Jahres gestellt werden.

(4) Das Jugendamt ist über die Beendigung des Tagespflegeverhältnisses umgehend zu informieren.

10. Ablehnungsgründe

(1) Die Beteiligung an den Kosten ist abzulehnen bzw. umgehend einzustellen, wenn:

  • Dem Jugendamt Umstände bekannt werden, nach denen die Tagespflegeperson nicht (mehr) geeignet ist,
  • die Förderung des Kindes in Kindertagespflege nicht (mehr) dem Kindeswohl entspricht oder
  • die Erforderlichkeit der Kindertagespflege nicht (mehr) gegeben ist.

(2) Für Tagespflegepersonen in auf- bzw. absteigender Verwandtschaftslinie zu den beantragenden Eltern wird in der Regel kein Kindertagespflegeentgelt gezahlt.

(3) Die Übernahme der Kosten durch den Jugendhilfeträger hat Nachrang (§ 10 SGB VIII). Die Personensorgeberechtigten müssen anderweitige zumutbare Betreuungs- und Finanzierungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen, wie z.B. die Betreuung durch Verwandte, Zuschüsse von Krankenkassen, der Agentur für Arbeit und sonstige Stellen, Zahlungen von Unterhaltspflichtigen usw.

11. Inkrafttreten

Die Richtlinien treten in dieser Fassung am 01.10.2011 in Kraft.

 



Letzte Änderung: 8. Mai 2012