30.08.2013: Lesen und Schreiben lernen für Erwachsene: die Kreisvolkshochschule hilft

Oberbergischer Kreis. Mit einer verbundenen Hand oder der Ausrede "Ich hab meine Brille vergessen", versuchen erwachsene Menschen von ihren mangelnden Lese- und Schreibkenntnissen abzulenken. Doch viele Betroffene (Analphabethen) gehen auch entschlossen gegen ihr Defizit vor: Sie wollen "richtig" lesen und schreiben lernen.

Die Kreisvolkshochschule des Oberbergischen Kreises bietet in ihrer Zentrale in Gummersbach zwei Mal die Woche entsprechende Übungsstunden an. Hier treffen sich die Teilnehmenden, um ihre Lese- und Schreibkenntnisse zu verbessern. Sandra Komp und Sabine Pütz leiten die Kurse. Sie fördern die Teilnehmenden dabei ganz individuell.  Aus diesem Grund ist es möglich, auch in den laufenden Kurs einzusteigen.

Teilnehmende machen Betroffenen Mut 

Der erste Schritt ist schwer - und gerade deshalb haben einige Absolventen des aktuellen Kurses jetzt ihre Erfahrungen aufgeschrieben. Sie wollen damit anderen Betroffenen Mut machen.

Heidi: "Ich habe die Schule nur bis zur 6. Klasse besucht. Danach musste ich den Haushalt erledigen und meine Mutter versorgen. Mit 18 Jahren bin ich von zu Hause ausgezogen, meine Schwester hat mir bei Formularen und anderen Dingen geholfen. Mein jüngerer Bruder konnte auch nicht lesen und schreiben. Er hat einen Kurs besucht und ist stolz, dass er es jetzt kann. Deswegen habe ich beim Arbeitsamt gefragt, ob ich auch einen Kurs machen kann. Der Sachbearbeiter war sehr nett und hilfsbereit. Er hat mich direkt zum Kurs angemeldet. Die anderen Kursteilnehmer sind sehr nett, genauso wie die Kursleiterinnen. Ich kann jetzt viel besser lesen als vorher, nur das Schreiben muss ich noch üben. Andere, die nicht lesen und schreiben können, sollen sich trauen zu kommen!"

Kursleiterin Sandra Komp und eine Teilnehmerin arbeiten mit Wörterlisten (Foto:OBK)
Kursleiterin Sandra Komp und eine Teilnehmerin arbeiten mit Wörterlisten (Foto:OBK)

Der Unterricht findet in einer kleinen Gruppe mit 5 bis max. 12 Teilnehmenden statt. Die Kursleiterinnen gehen dabei auf die einzelnenen Bedarfe der Absolventen ein; ihr sozialer und beruflicher Hintergrund wird berücksichtigt. Die Teilnehmenden besprechen mit den Kursleiterinnen die Inhalte. "Wir arbeiten in kleinen Schritten und passen jeweils das Lerntempo an, so wie es dem Kenntnisstand jedes einzelnen Kursteilnehmers entspricht", sagt Fachbereichsleiterin Marianne Dünn. Ziel ist es, das Selbstvertrauen zu stärken, um so einen optimalen Fortschritt zu ermöglichen.
 
Kursteilnehmerin Sabine beschreibt, dass sie sich zunächst sehr unwohl fühlte, als sie in die Gruppe kam. Sie wurde aber sehr herzlich aufgenommen: "Deswegen fiel mir das Lernen in der Gruppe auch gar nicht so schwer. In den zwei Monaten, in denen ich jetzt hier bin, habe ich schon eine ganze Menge gelernt. Im Alltag fallen mir viele Dinge leichter und meine Familie findet meine Fortschritte richtig gut", sagt Sabine.

Ich war ja nicht der Einzige, der das Problem mit Lesen und Schreiben hatte.

Kursteilnehmerin Kathi berichtet, ihre Lehrer seien nie richtig auf ihr Problem eingegangen. Sie habe sich bis zum Schulende „durchgemogelt“. Auch im Arbeitsleben sei ihr Handicap nie wirklich aufgefallen. Schließlich hat sie sich ihrem Sachbearbeiter auf dem Arbeitsamt anvertraut: "Er hat mir zu diesem Kurs bei der KVHS geraten. Ich habe mich angemeldet und bin seit Beginn dabei. Der Anfang war nicht leicht, aber mittlerweile mache ich schon gute Fortschritte. Auch den nächsten Kurs werde ich wieder belegen, damit ich noch besser werde", sagt Kathi.

Die Volkshochschule des Oberbergischen Kreises bietet auch aktuell zum neuen Semester wieder Kurse an, in der Zentrale in Gummersbach-Niederseßmar, in Bergneustadt, in Engelskirchen und in Waldbröl. Nähere Informationen erhalten Sie bei der
VHS Oberbergischer Kreis unter www.vhs-oberberg.de  und bei der Fachbereichsleiterin Marianne Dünn unter Telefon: 02261-88 4352.