Ehrenamts-Adventskalender: 10.Dezember 2020

„Keine klugen Ratschläge“

Ralf Pütz, Waldbröl

Pütz RalfPlötzliche Todesfälle sind schwer zu begreifen. Oft stehen Angehörige unter Schock, wollen und sollten besser nicht alleine sein. In solchen Fällen können Ärzte und Rettungskräfte Notfallseelsorger hinzuziehen. Menschen wie Ralf Pütz.
Meist ist es am Abend oder in den frühen Morgenstunden, wenn während seiner Bereitschaftszeiten das Handy klingelt. Dann setzt Ralf Pütz sich ins Auto und wappnet sich für das, was ihn erwartet. Ein Unfall, ein Suizid, ein Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auf den Fahrten betet der gläubige Christ: „Auf dem Hinweg bitte ich um Schutz und Hilfe, auf der Rückfahrt danke ich.“ Wenn Angehörige das wünschen, betet er auch mit ihnen – unabhängig davon, welcher Religion sie angehören. Aber nur, wenn sie es wünschen.
Erstmal kommt er an, kondoliert, stellt sich vor. Redet und hört zu. „Am wichtigsten finde ich es, keine klugen Ratschläge zu geben“, betont er. „Das kann in so einem Moment niemand gebrauchen.“ Besser, gemeinsam auszuhalten, wenn Worte fehlen. Mit den Angehörigen zusammen Lichtblicke zu finden, die nächsten Schritte klar zu bekommen. Und so lange zu bleiben, wie er gebraucht wird. Ein weiteres Mal kommt Ralf Pütz nicht. Bei Bedarf verweist er an Einrichtungen und Ansprechpartner.
Ein herausforderndes Engagement zwischen Mitfühlen und Selbstschutz. Damit das gelingt, hat Ralf Pütz eine mehrwöchige Ausbildung absolviert. Hierbei hat ihm einer der Referent ein griffiges Bild mitgegeben: „Ich lege mir selber einen imaginären Hula-Hoop-Reifen an, um den nötigen Abstand zu halten“, sagt der 57-Jährige, der sich außerdem in der Trauer- und Sterbebegleitung engagiert. „Ich fühle mit, aber ich leide nicht mit.“ Eine Haltung, mit der sich schwierige Momente gut meistern lassen. Was außerdem unterstützt: Austausch mit anderen Notfallseelsorgern, regelmäßige Supervision und der Rückhalt von engagierten und kompetenten Hauptamtlichen seines Trägers: der katholischen und evangelischen Kirche in Oberberg.
Und in Zeiten der Pandemie? Hat sich natürlich auch dieses Ehrenamt verändert. Vom Oberbergischen Kreis gab es eine Verordnung für hygienegemäßes Verhalten sowie Schutzkleidung. „Außerdem hat man sich erkundigt, ob wir trotz Corona weitermachen“, erinnert sich Ralf Pütz. Eine Frage, die sich für ihn nicht gestellt hat.
Auch, wenn er natürlich vorsichtiger ist im direkten körperlichen Kontakt – sowohl bei seinen Einsätzen als auch in anderen Lebensbereichen. „Solange es aber irgendwie vertretbar ist, gehe ich mit den Menschen in ihre Wohnungen“, betont er. Weil es in einer solchen Situation den Rückzug in die eigenen vier Wände braucht. Das Vertraute, den Schutz. Und am besten jemanden, der die Hand hält oder auch mal in den Arm nimmt.


Ansprechpartner:

andreasgross@email.de

© Jan Engel - Fotolia



Letzte Änderung: 9. Dezember 2020