27.05.2008: Schon vor 350 Jahren freiheitsliebend und beharrlich

Oberbergischer Kreis und Geschichtsverein erinnern an ein frühes Verfassungsdokument

Oberbergischer Kreis. Für ihre Dickköpfigkeit sind die Oberberger bekannt. Ein Charakterzug mit Tradition. Beharrlich kämpften die Einwohner der unabhängigen Reichsherrschaft Gimborn-Neustadt, heute Gummersbach, Bergneustadt, Marienheide, und Engelskirchen-Ründeroth, um ihre freiheitlichen Rechte – mit Erfolg. Vor 350 Jahren trat nach langen Auseinandersetzungen zwischen dem katholischen Landesherren Johann Adolph von Schwarzenberg und seinen protestantischen Untertanen der Landesvergleich von 1658 in Kraft. „Dabei handelt es sich um ein Verfassungsdokument, das man heute als eine Art Grundgesetz bezeichnen würde“, sagt Historiker Gerhard Pomykaj.

Kreiskulturdezernent Werner Krüger und Historiker Gerhard Pomykaj (v.l.) halten den Druck des Landvergleichs in Händen. Auch Dr. Alexander Rothkopf und Klaus Niebel vom Bergischen Geschichtsverein erinnerten an das wichtige Dokument. (Foto: OBK)

Kreiskulturdezernent Werner Krüger und Historiker Gerhard Pomykaj (v.l.) halten den Druck des Landvergleichs in Händen. Auch Dr. Alexander Rothkopf und Klaus Niebel vom Bergischen Geschichtsverein erinnerten an das wichtige Dokument.
(Foto: Oberbergischer Kreis)

Gemeinsam mit dem Kreiskulturdezernenten Werner Krüger und sowie Dr. Alexander Rothkopf und Klaus Niebel vom Bergischen Geschichtsverein erinnerte Pomykaj an das für Oberberg wichtige Dokument. Nach dem Dreißigjährigen Krieg ging die Reichsherrschaft als Geschenk für seine Verdienste als erster Minister des Kurfürsten von Brandenburg an Adam von Schwarzenberg. „Heute noch kennt man diesen Landstrich als Schwarzenberger Land“, sagt Pomykaj. Der neue Landesherr übernahm nicht nur ein freiheitsliebendes Volk, sondern musste gegen seinen Willen auch die bereits seit 1490 dort geltenden Privilegien übernehmen. Darin waren Rechte festgehalten, wie die Jagdfreiheit, Mitbestimmung bei der Erhöhung von Steuern, den Schutz vor willkürlichen Verhaftungen und Bestrafungen. Die Privilegien wollte von Schwarzenberg abschaffen und den katholischen Glauben einführen.

„Doch für ihren Glauben und ihre Rechte haben die Menschen gekämpft“, berichtet Kreisarchivar Pomykaj. „Es wurden Bittschriften geschrieben und Prozesse vor dem Reichskammergericht geführt.“ Mit Beharrlichkeit und einer erstaunlichen Geschlossenheit hätten die so genannten Bauerschaften, heutige politische Gemeinden, Ihre Interessen durchgesetzt.

Vor 350 Jahren wurden die Rechte in 23 Artikeln und fünf Zusatzartikeln festgehalten. Johann Adolph von Schwarzenberg bestätigte in dem Landesvergleich die Privilegien und musste die Religionsfreiheit mitaufnehmen. „Eine sehr wichtige Errungenschaft“, so Pomykaj.

Das Dokument war den Bewohnern der Reichsherrschaft so wichtig, dass sie es in einer Truhe in der Kirche in Gummersbach aufbewahrten und nicht herausrückten. Ein Bericht aus dem Jahr 1781 verdeutlicht den hohen Stellenwert, den die Einwohner dem Landvergleich zumaßen: „Liebe für sein Vaterland treibt er (der Untertan) bis zum Stolzsein darauf, denn er spricht mit Vergnügen davon, dass er in einem Freiländchen wohne. ... Es sind geringe Leute, die einem Reisenden beim Hin- und Herfragen bald von ihrem Landvergleich vom Jahre 1658 erzählen, den man für die einzige Norm der Landesregierung ausgeben will.“

Bis 1806 behielt der Vergleich Gültigkeit, dann schaffte Napoleon ihn ab.

Wer einen Blick in das Dokument werfen möchte, kann im Kreisarchiv ein Exemplar von 1730 einsehen. Kreisarchivar Gerhard Pomykaj ist für Terminvereinbarungen unter der Telefonnummer 02261/88-1009 zu erreichen.



Letzte Änderung: 27. Mai 2008