Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 30.10.2020 zur Isolation von positiv auf das Coronavirus getesteten Personen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

Öffentliche Bekanntmachung

Logo Oberbergischer Kreis, Der Landrat

 

Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 30.10.2020 zur Isolation von positiv auf das Coronavirus getesteten Personen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

Gemäß §§ 28 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 und 30 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) wird zur Verhütung der Weiterverbreitung und Bekämpfung von SARS-CoV-2 Virus-Infektionen folgende Allgemeinverfügung erlassen:

  1. Personen, die positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden und ihren Wohnsitz beziehungsweise ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Oberbergischen Kreis haben, werden verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntniserlangung des positiven Testergebnisses auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von 14 Tagen ab dem Tag der positiven Testung ständig dort abzusondern (häusliche Quarantäne). Sofern sich an die Häuslichkeit oder Unterkunft ein Balkon, eine Terrasse oder ein Garten anschließt, dürfen sie sich auch in diesem Bereich aufhalten, wenn der Bereich ausschließlich von ihnen oder mit ihnen zusammenlebenden Personen genutzt wird und sie stets einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einhalten (erlaubter Außenbereich). Etwaige Ausnahmen bedürfen der vorherigen Zustimmung des Gesundheitsamtes des Oberbergischen Kreises.
     
  2. Einer zusätzlichen behördlichen Anordnung für die Verpflichtung nach Ziffer 1 bedarf es nicht. Das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises wird im Einzelfall jedoch weitere Maßnahmen treffen. Die Einzelfallmaßnahmen gehen dieser Allgemeinverfügung vor.
     
  3. Die Meldepflichten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. t und § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG bleiben unberührt. Die positiv getesteten Personen sind verpflichtet, sich beim Gesundheitsamt zu melden und dieses über das Testergebnis zu informieren.
     
  4. Wenn die unter Ziffer 1 genannten Personen geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, hat derjenige für die Erfüllung der genannten Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft die Betreuerin oder den Betreuer einer von den Verpflichtungen betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu dem Aufgabenkreis der Betreuung gehört.
     
  5. Diese Allgemeinverfügung tritt am 31.10.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und ist sofort vollziehbar.


Begründung:

Zuständigkeit:

Meine Befugnis als untere Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt) zur Anordnung dieser Maßnahmen ergibt sich gemäß §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 7 Satz 1, 2 Nr. 14 IfSG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) aus Gründen der Eilbedürftigkeit sowie der unmittelbaren Gefahrenabwehr. Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, dass sich der Erreger ohne die unverzügliche Einleitung von geeigneten Gegenmaßnahmen rasant ausbreitet und eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung, insbesondere für die zu der Risikogruppe gehörenden älteren und vorerkrankten Menschen, darstellt.

Mit der Allgemeinverfügung wird sichergestellt, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen umgehend gegenüber den betroffenen Personen ergriffen werden und die Durchbrechung von Infektionsketten im Vergleich zu Einzelverfügungen ohne Zeitverzug eingeleitet wird.

Zu 1.:

Die Anordnung, dass sich die positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getesteten Personen für insgesamt 14 Tage seit dem Testtag in häusliche Quarantäne begeben müssen, stützt sich auf §§ 28 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz und 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Nach diesen Vorschriften können Personen, namentlich Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider, verpflichtet werden, den Ort, an dem Sie sich befinden, nicht zu verlassen, bis die nötigen Schutzmaßnahmen durchgeführt sind. Unter anderem kann ihnen gegenüber angeordnet werden, dass sie in geeigneter Weise abgesondert werden.

Bei den von der Allgemeinverfügung erfassten Personen handelt es sich um Kranke im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG. Eine Absonderung dieser Personen ist geboten, damit eine Übertragung von Krankheitserregern auf Dritte so gering wie möglich gehalten wird.

Die Anordnung der häuslichen Quarantäne im Rahmen dieser Allgemeinverfügung ist geeignet, der von einer positiv auf das Coronavirus getesteten Person ausgehenden Infektionsgefahr entgegenzuwirken. Sie ist auch erforderlich, da insoweit kein gleichgeeignetes milderes Mittel existiert. Gegenüber einer Krankenhausquarantäne ist die häusliche Quarantäne das ersichtlich mildere Mittel.

Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG insoweit eingeschränkt.

Durch die Möglichkeit, für bestimmte Fallkonstellationen eine Ausnahmeregelung zu treffen, wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen.

Zu 2.:

Die Anordnung der häuslichen Quarantäne im Rahmen dieser Allgemeinverfügung ist geboten, da aufgrund der hohen und weiterhin stetig ansteigenden Infektionszahlen im Oberbergischen Kreis zeitnahe Einzelanordnungen nicht mehr sichergestellt werden können. Die Allgemeinverfügung schließt insoweit die zeitliche Lücke zwischen positiver Testung und Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt zur Abklärung individueller Schutzmaßnahmen.

Zu 3.:

Es wird klargestellt, dass die Meldepflichten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. t und § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG bzw. der positiv getesteten Personen gegenüber dem Gesundheitsamt weiterhin bestehen bleiben.

Zu 4.:

Die Verpflichtung, dass die Personensorgeberechtigten bzw. die Betreuerinnen und Betreuer für die Einhaltung der Anordnungen dieser Allgemeinverfügung zu sorgen haben, ergibt sich aus §§ 28 Abs. 3 i.V.m. 16 Abs. 5 IfSG.

Zu 5.:

Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.

Hinweis:
Zuwiderhandlungen gegen Ziffer 1 dieser Allgemeinverfügung stellen eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG dar, die mit einer Geldbuße bis zu 25.000,00 € geahndet werden kann. Wer die Zuwiderhandlung vorsätzlich begeht und dadurch den SARS-CoV-2-Erreger verbreitet, begeht gemäß § 74 IfSG eine Straftat und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Hinweis auf bestehende Rechte:
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln schriftlich einzulegen oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu erklären.

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden.

Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV) vom 24.11.2017.

Weiterer Hinweis:
Die Klage hat gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung, d.h. dass die getroffenen Maßnahmen auch im Falle einer Klage zu befolgen sind. Das Verwaltungsgericht Köln kann auf Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen.
 

Gummersbach, 30.10.2020
In Vertretung
gez.
Klaus Grootens
Kreisdirektor

Veröffentlichungsdatum: 30.10.2020