Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 23.11.2020 zur Absonderung von positiv auf das Coronavirus getesteten Personen sowie deren Haushaltsmitgliedern nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

Öffentliche Bekanntmachung

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Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 23.11.2020 zur Absonderung von positiv auf das Coronavirus getesteten Personen sowie deren Haushaltsmitgliedern nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

 

Gemäß §§ 28 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 und 30 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) wird zur Verhütung der Weiterverbreitung und Bekämpfung von SARS-CoV-2 Virus-Infektionen folgende Allgemeinverfügung erlassen:

  1. Anordnung einer häuslichen Quarantäne für Infizierte und Haushaltsmitglieder

    Personen, die ihren Wohnsitz beziehungsweise ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort im Oberbergischen Kreis haben und

    • positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden (Infizierte) oder

    • mit einem Infizierten gemeinsam in einem Haushalt leben (Haushaltsmitglieder)

    werden verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntniserlangung des positiven Testergebnisses auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich ständig dort abzusondern (häusliche Quarantäne). Sofern sich an die Häuslichkeit oder Unterkunft ein Balkon, eine Terrasse oder ein Garten anschließt, dürfen sie sich auch in diesem Bereich aufhalten, wenn der Bereich ausschließlich von ihnen oder mit ihnen zusammenlebenden Personen genutzt wird und sie stets einen Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einhalten (erlaubter Außenbereich).

    Die Infizierten haben ihre Haushaltsmitglieder darüber zu unterrichten, dass die Voraussetzungen für den Beginn der häuslichen Quarantäne vorliegen.
     
  2. Dauer der häuslichen Quarantäne für Infizierte

    Für Infizierte beträgt die Dauer der häuslichen Quarantäne grundsätzlich 10 Tage. Die 10-Tage-Frist beginnt für Infizierte

    • ohne Krankheitssymptome mit dem Tag der positiven Testung (Probenentnahmetag).

    • mit Krankheitssymptomen mit dem Tag des Symptombeginns.

    Bei der Berechnung der Frist wird der Tag der positiven Testung bzw. des Symptombeginns nicht mitgerechnet.

    Infizierte mit Krankheitssymptomen dürfen die häusliche Quarantäne auch nach dem Ablauf der 10-Tage-Frist erst verlassen, wenn sie mindestens 48 Stunden symptomfrei sind oder negativ auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden.
     
  3. Dauer der häuslichen Quarantäne für Haushaltsmitglieder

    Für Haushaltsmitglieder, die nicht erkranken oder mit Atemwegssymptomen erkranken aber negativ auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet werden, beträgt die Dauer der häuslichen Quarantäne 14 Tage. Die 14-Tage-Frist beginnt zeitgleich mit der 10-Tage-Frist des ersten Infizierten in dem gemeinsamen Haushalt. Ein negatives Testergebnis verkürzt nicht die Dauer der häuslichen Quarantäne.

    Wenn Haushaltsmitglieder zu Infizierten werden, richtet sich die Dauer der häuslichen Quarantäne für diese nach den Regeln für Infizierte (vgl. Ziffer 2).
     
  4. Unmittelbare Wirkung der Quarantäneanordnung

    Die Verpflichtung, sich unverzüglich in häusliche Quarantäne zu begeben, ergibt sich unmittelbar aus dieser Allgemeinverfügung. Einer zusätzlichen behördlichen Anordnung bedarf es nicht.

    Sofern eine Coronatestung erforderlich wird, darf die häusliche Quarantäne für den dafür notwendigen Zeitraum unterbrochen werden. Der Hin- und Rückweg zur Testung ist auf dem direkten Weg ohne Gefährdung Dritter zurückzulegen.
     
  5. Erstellen von Kontaktlisten

    Die Infizierten sind verpflichtet, für den Zeitraum rückwirkend bis 2 Tage vor dem Probenentnahmetag bzw. Tag des Symptombeginns eine Kontaktliste zu erstellen. In diese Liste sind die Personen aufzunehmen, die Kontakt mit den Infizierten hatten bzw. aktuell haben (Kontaktpersonen), z.B. auch innerhalb der häuslichen Gemeinschaft. Hierfür steht unter www.obk.de/kontaktliste ein elektronisches Dokument bereit. Das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises wird sich bei den Infizierten melden und die Kontaktliste anfordern.
     
  6. Gesundheitsüberwachung

    Die Infizierten und die Haushaltsmitglieder werden verpflichtet, sich einer ärztlichen Beobachtung durch das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises zu unterziehen; dazu gehört die Symptomabfrage durch das Gesundheitsamt.

    Sie sind weiterhin verpflichtet, sich zweimal täglich die Körpertemperatur zu messen und die Ergebnisse zu dokumentieren.

    Falls Fieber über 38°C und/oder folgende Beschwerden

    • Verlust bzw. Beeinträchtigung des Geruchs- und Geschmackssinns
    • grippale Symptome (erhöhte Temperatur, Unwohlsein, Gliederschmerzen)
    • plötzlich auftretendes, schnell steigendes, hohes Fieber (über 38 °C)
    • Halsentzündung mit Kratzen, Husten und Heiserkeit
    • Atemprobleme
    • Kopfschmerzen
    • Infekt der unteren Luftwege (Husten/Lungenentzündung) ohne vorherigen Infekt der 
      oberen Luftwege (Halsschmerzen oder ähnliches)
    • Entzündung beider Lungenflügel
    • in einzelnen Fällen auch eine Durchfallerkrankung

    auftreten sollten, besteht die Verpflichtung, unverzüglich das Gesundheitsamt zu informieren. Hierfür steht ein Formular unter www.obk.de/virusmelder bereit.
     
  7. Verpflichtung bei Geschäftsunfähigkeit und Betreuung

    Wenn die Infizierten oder die Haushaltsmitglieder geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, hat derjenige für die Erfüllung der genannten Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft die Betreuerin oder den Betreuer einer von den Verpflichtungen betroffenen Person, soweit die Erfüllung dieser Verpflichtungen zu dem Aufgabenkreis der Betreuung gehört.
     
  8. Einzelfallregelungen und Ausnahmen

    Das Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises kann im Einzelfall abweichend von dieser Allgemeinverfügung Regelungen treffen. Ausnahmen können insbesondere für symptomfreies Personal der kritischen Infrastruktur zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit zugelassen werden. Einzelfallregelungen gehen dieser Allgemeinverfügung vor.

    Die häusliche Quarantäne darf für Arztbesuche grundsätzlich nur mit vorheriger Zustimmung des Gesundheitsamtes unterbrochen werden. Für medizinische Notfälle ist keine Zustimmung erforderlich.
     
  9. Inkrafttreten
    Diese Allgemeinverfügung tritt am 24.11.2020 um 0:00 Uhr in Kraft und ist sofort vollziehbar.
     
  10. Aufhebung der Allgemeinverfügung vom 30.10.2020
    Die Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 30.10.2020 zur Isolation von positiv auf das Coronavirus getesteten Personen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) wird aufgehoben.

 

Begründung:

Zuständigkeit:

Meine Befugnis als untere Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt) zur Anordnung dieser Maßnahmen ergibt sich gemäß §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 7 Satz 1, 2 Nr. 14 IfSG i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (ZVO-IfSG) aus Gründen der Eilbedürftigkeit sowie der unmittelbaren Gefahrenabwehr. Die vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt, dass sich der Erreger ohne die unverzügliche Einleitung von geeigneten Gegenmaßnahmen rasant ausbreitet und eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Bevölkerung, insbesondere für die zu der Risikogruppe gehörenden älteren und vorerkrankten Menschen, darstellt.

Mit der Allgemeinverfügung wird sichergestellt, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen umgehend gegenüber den betroffenen Personen ergriffen werden und die Durchbrechung von Infektionsketten im Vergleich zu Einzelverfügungen ohne Zeitverzug eingeleitet wird.

Zu 1.:

Die Anordnung, dass sich Infizierte und Haushaltsmitglieder in häusliche Quarantäne begeben müssen, stützt sich auf §§ 28 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz und 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Nach diesen Vorschriften können Personen, namentlich Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider, verpflichtet werden, den Ort, an dem Sie sich befinden, nicht zu verlassen, bis die nötigen Schutzmaßnahmen durchgeführt sind. Unter anderem kann ihnen gegenüber angeordnet werden, dass sie in geeigneter Weise abgesondert werden.

Bei den Infizierten handelt es sich um Kranke im Sinne des § 2 Nr. 4 IfSG. Die Haushaltsmitglieder sind aufgrund des relevanten Kontakts zu einem Infizierten in Form der häuslichen Gemeinschaft Ansteckungsverdächtige im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG. Eine Absonderung dieser Personen ist geboten, damit eine Übertragung von Krankheitserregern auf Dritte so gering wie möglich gehalten wird.

Die Anordnung der häuslichen Quarantäne im Rahmen dieser Allgemeinverfügung ist geeignet, der von den Infizierten und deren Haushaltsmitgliedern ausgehenden Infektionsgefahr entgegenzuwirken. Sie ist auch erforderlich, da insoweit kein gleichgeeignetes milderes Mittel existiert. Gegenüber einer Krankenhausquarantäne ist die häusliche Quarantäne das ersichtlich mildere Mittel.

Die Grundrechte der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 IfSG insoweit eingeschränkt.

Zu 2. und 3.:

Die Dauer der häuslichen Quarantäne für Infizierte und für Haushaltsangehörige richtet sich nach den Vorgaben und Empfehlungen des Robert Koch Instituts (RKI).

Die Dauer für Infizierte von grundsätzlich 10 Tagen bemisst sich nach der infektiösen Periode, d.h. der Phase der Ansteckungsfähigkeit. Der Beginn ist bei asymptomatischen Personen 2 Tage vor dem Probenentnahmetag und bei symptomatischen Personen 2 Tage vor dem ersten Symptomtag anzusetzen.

Der Quarantänezeitraum für die Haushaltsmitglieder entspricht der Inkubationszeit des SARS-CoV-2-Erregers, mithin der Periode zwischen Aufnahme des Infektionserregers und dem Auftreten erster Krankheitssymptome. Die Inkubationszeit beträgt dabei 14 Tage. Eine Negativtestung verkürzt den Quarantänezeitraum nicht, da die Haushaltsmitglieder jederzeit noch infektiös werden können, solange die Inkubationszeit nicht abgelaufen ist.

Zu 4.:

Die Anordnung der häuslichen Quarantäne im Rahmen dieser Allgemeinverfügung ist geboten, da aufgrund der hohen und weiterhin stetig ansteigenden Infektionszahlen im Oberbergischen Kreis zeitnahe Einzelanordnungen nicht mehr sichergestellt werden können. Die Allgemeinverfügung schließt insoweit die zeitliche Lücke zwischen positiver Testung und Kontaktaufnahme durch bzw. mit dem Gesundheitsamt zur Abklärung individueller Schutzmaßnahmen.

Zu 5. und 6.:

Die in den Ziffern 5 und 6 des Tenors dieser Allgemeinverfügung angeordneten Maßnahmen ergehen auf der Rechtsgrundlage der §§ 28 Abs. 1 i.V.m. 29 Abs. 1 und 2 IfSG.

Werden gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt, so trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen. Diese Personen können insbesondere gemäß § 29 Abs. 1 IfSG einer Beobachtung unterworfen werden, haben den Anordnungen des Gesundheitsamtes Folge zu leisten und auf Verlangen über alle den Gesundheitszustand betreffenden Umstände Auskunft zu geben.

Die in Ziffer 6 angeordnete Beobachtung ist erforderlich, um den Infektionsverlauf kontrollieren zu können und unverzüglich weitere notwendige und geeignete Maßnahmen ergreifen zu können.

Die Maßnahmen stellen den verhältnismäßig geringsten geeigneten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen dar. Sie sind jedenfalls erforderlich, um das notwendige Maß des Infektionsschutzes gewährleisten zu können.

Zu 7.:

Die Verpflichtung, dass die Personensorgeberechtigten bzw. die Betreuerinnen und Betreuer für die Einhaltung der Anordnungen dieser Allgemeinverfügung zu sorgen haben, ergibt sich aus §§ 28 Abs. 3 i.V.m. 16 Abs. 5 IfSG.

Zu 8.:

Durch die Möglichkeit, für bestimmte Fallkonstellationen eine Ausnahmeregelung zu treffen, wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen.

Zu 9.:

Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.

Zu 10.:

Die Allgemeinverfügung des Oberbergischen Kreises vom 30.10.2020 wird durch diese Allgemeinverfügung ersetzt und ist daher auszuheben.

Hinweis:

Zuwiderhandlungen gegen die häusliche Quarantäneanordnung (Ziffern 1 bis 3) stellen eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG dar, die mit einer Geldbuße bis zu 25.000,00 € geahndet werden kann. Wer die Zuwiderhandlung vorsätzlich begeht und dadurch den SARS-CoV-2-Erreger verbreitet, begeht gemäß § 74 IfSG eine Straftat und wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Hinweis auf bestehende Rechte:

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden. Die Klage ist bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln schriftlich einzulegen oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten/der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu erklären.

Die Klage kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden.

Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung-ERVV) vom 24.11.2017.

Weiterer Hinweis:

Die Klage hat gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung, d.h. dass die getroffenen Maßnahmen auch im Falle einer Klage zu befolgen sind. Das Verwaltungsgericht Köln kann auf Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen.

Gummersbach, 23.11.2020
Im Auftrag
gez.
Ralf Schmallenbach
Dezernent

Veröffentlichungsdatum: 23.11.2020