Ergebnis der Vorprüfung nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträg-lichkeitsprüfung (UVPG).

Öffentliche Bekanntmachung

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Ergebnis der Vorprüfung nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG).
Antrag des Aggerverbandes auf Erteilung einer Plangenehmigung nach § 68 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)
Renaturierung des Kummentalsiefens in Morsbach-Lichtenberg

Der Aggerverband plant den Neubau eines Regenrückhaltebeckens im Ortsteil Lichtenberg in der Gemeinde Morsbach.

In diesem Zusammenhang soll auch die Renaturierung des Kummentalsiefens erfolgen.

Bei dem beantragten Vorhaben handelt es sich um einen Gewässerausbau nach § 67 Abs. 2 WHG.

Gemäß § 68 Abs. 1 WHG bedarf der Gewässerausbau grundsätzlich der Planfeststellung durch die zuständige Behörde.

Für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden (§ 68 Abs. 2 WHG).

Das hier beantragte wasserwirtschaftliche Vorhaben fällt unter § 2 Abs. 4 Nr. 1 c) UVPG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 UVPG und ist als naturnahe Ausbaumaßnahme in Nr. 13.18.2 Spalte 2 der Anlage 1 zum UVPG aufgeführt.

Bei dem Vorhaben war daher nach § 7 Abs. 2 Satz 1 UVPG in Verbindung mit Nr. 13.18.2 Spalte 2 der Anlage 1 UVPG im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung zu untersuchen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3. UVPG aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht.

Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Abs. 2 UVPG bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.

Die erste Stufe der standortbezogenen Vorprüfung hat ergeben, dass bei dem oben genannten Vorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß Nr. 2. 3 ff. der Anlage 3 des UVPG aufgeführten Schutzkriterien vorliegen. Das Plangebiet befindet sich im Landschaftsschutzgebiet 2.2-1 „Zone 1“.

Die nähere Prüfung ergab jedoch, dass das Vorhaben unter Berücksichtigung der in Anlage 3 des UVPG aufgeführten Kriterien keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele dieser Gebiete betreffen können. Es besteht somit keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.  

Die wesentlichen Gründe für das Nichtbestehen der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sind mit Hinweis auf die dafür maßgebenden Kriterien der Anlage 3 des UVPG anzugeben (§ 5 Abs. 2 Satz 1 bis 3 UVPG):


1. Merkmale des Vorhabens
1.1 Größe und Ausgestaltung

Die Planung sieht vor, die nicht mehr genutzten Klärteiche der ehemaligen Kläranlage Lichtenberg zurückzubauen. Im nördlichen Teil des Kläranlagengeländes im Bereich des 1. Klärteiches soll zukünftig ein Regenrückhaltebecken (RRB) errichtet werden. Im restlichen Teil des Kläranlagengeländes im Bereich der Teiche 2 und 3 wird ein offener Gewässerlauf des Kummentalsiefen mit naturnahem Bachtal entwickelt. Das RRB wird demnach den Entlastungsabfluss aus dem RÜB zwischenspeichern und gedrosselt in den neuen Gewässerlauf des Kummentalsiefen einleiten. Die Zuleitung in das Regenrückhaltebecken erfolgt über einen neuen Entlastungskanal DN 700 vom bestehenden Trennbauwerk aus.

Durch das Vorhaben wird das komplette Gelände der ehemaligen Kläranlage Morsbach-Lichtenberg überplant und neugestaltet. Der Talraum wird durch Massenausgleich modelliert. Es wird ein Wasserlauf mit flachem Querprofil hergestellt, die Uferböschungen der ehemaligen Klärteiche werden durch anfallende Erdmaterial angeschüttet. Unterhalb des Kläranlagengeländes wird das Fließgewässer an den derzeitigen Gewässerlauf angeschlossen.

Darüber hinaus werden drei Durchlässe am Kummentalsiefen erneuert.

Die geplanten Renaturierungsmaßnahmen erstrecken sich von Gewässer-km 0 + 605 bis 1 + 135.


'1.2 Zusammenwirken mit anderen bestehenden oder zugelassenen Vorhaben und Tätigkeiten

Das Vorhaben steht im Zusammenhang mit dem Neubau eines Regenrückenhaltebeckens.  Der Neubau dient dazu, um den Kummentalsiefen zu entlasten und ein gutes Wiederbesiedlungspotential zu erreichen.

Zeitgleiche weitere Baumaßnahmen in angrenzenden Bereichen sind nicht bekannt.


1.3 Nutzung natürlicher Ressourcen, insbesondere Fläche, Boden, Wasser, Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt

Es kommt zur Inanspruchnahme der vorhandenen Biotopstrukturen innerhalb und unmittelbar angrenzend an das Kläranlagengelände. Mit der Gewässerentwicklungsmaßnahme am Kummentalsiefen kommt es zum Verlust der Klärteiche sowie der Gehölzbestände auf den Uferböschungen, der Gras- und Krautflur auf den Dammkronen sowie zum Verlust von Einzelbäumen. Darüber hinaus werden Teilbereiche der angrenzenden Viehweide und von Uferhochstauden überplant

Durch das Bauvorhaben kommt es zu Bodenumlagerung und Veränderung der Bodenschichten im Zuge der Neuprofilierung des Geländes. Es kommt zu keiner Neuversiegelung von Boden.

Es kommt zur Entrohrung und Neuprofilierung des Kummentalsiefens. Im Zuge dessen werden drei Klärteiche zurückgebaut. Es entsteht ein Regenrückhaltebecken zur hydraulischen Entlastung des Kummentalsiefens. Drei Durchlässe werden erneuert/aufgeweitet.

Während der Bauarbeiten ist Sedimenteintrag in das Gewässer möglich.

Es kommt zur Neugestaltung des Landschaftsbildes im Bereich des Kläranlagengeländes.

Durch das Vorhaben kommt es zur Umnutzung von landwirtschaftlicher Nutzfläche in sehr geringem Umfang. Es kommt nicht zur Versiegelung oder Zerschneidung bzw. Fragmentierung von Schutzgebieten.

Ein entsprechender landschaftspflegerischer Begleitplan und artenschutzfachlicher Fachbeitrag liegt vor.

Weitere Nutzung von Umweltschutzgüter oder natürlicher Ressourcen erfolgt nicht.


1.4 Erzeugung von Abfällen

Im Rahmen der geplanten Gewässerrenaturierung ist mit der Erzeugung von Abfällen nicht zu rechnen.


1.5 Umweltverschmutzungen und Belästigungen

Durch die Gewässerrenaturierung sind bei Einhaltung der allgemeinen betrieblichen Umweltschutzmaßnahmen keine Umweltverschmutzungen zu erwarten.

Im Rahmen der Bauausführung kommt es bauzeitlich zu Baustellenlärm durch die betriebenen Baugeräte. Diese sind jedoch nur temporär und nicht dauerhaft.


1.6 – 1.6.2 Risiken von Störfällen, Unfällen und Katastrophen, insbesondere mit Blick auf verwendete Technologien

Durch die geplante Gewässerrenaturierung ist, mit Blick auf die eingesetzten Stoffe und Technologien, nicht von einem gesteigerten umweltrelevanten Unfallrisiko auszugehen. Die für das Vorhaben eingesetzten Technologien entsprechenden bei Erdbauarbeiten allgemeinen Techniken. Eine Anfälligkeit des Vorhabens für Störfälle im Sinne des § 2 Nr. 7 der Störfall-Verordnung ist nicht gegeben. Im Vorhabengebiet bestehen keine Anlagen Dritter, die der Störfallverordnung unterliegen.


1.7 Risiken für die menschliche Gesundheit

Risiken für die menschliche Gesundheit sind durch die geplante Maßnahme nicht zu erwarten.


2. Standort des Vorhabens
2. 1. Bestehende Nutzung des Gebiets (Nutzungskriterien)

Der Untersuchungsraum liegt im Südosten des Ortsteils Lichtenberg der Gemeinde Morsbach und umfasst das Gelände der ehemaligen Kläranlage sowie die südlich angrenzende Grünlandfläche. Auf dem Kläranlagengelände befindet sich im Norden ein Regenüberlaufbecken (RÜB) mit entsprechenden Nebenanlagen sowie ein Betriebsgebäude. Daran anschließend liegen drei ehemalige Klärteiche. Die Klärteiche sind überwiegend von standorttypischen Gehölzen mit mittlerem Baumholz umgeben.


2.2. Reichtum, Verfügbarkeit, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen, insbesondere Fläche, Boden, Landschaft, Wasser, Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt des Gebiets und seines Untergrunds (Qualitätskriterien)

Der Kummentalsiefen ist als naturnah bzw. schwach ausgebaut zu bezeichnen.

Relevante schützenswerte bzw. geschützte Grundwasservorkommen und Trinkwasserschutzgebiete sind im Untersuchungsraum und seiner näheren Umgebung nicht vorhanden.

Auf dem Gelände der ehemaligen Kläranlage handelt es sich um einen anthropogen veränderten Boden.

Außerhalb des Kläranlagengeländes ist noch von natürlichen Bodeneigenschaften auszugehen. Das betrifft den nordwestlichen und südöstlichen Bereich des Untersuchungsgebietes. Der Boden wird hier als schutzwürdiger Grundwasserboden mit sehr hoher Funktionserfüllung als Biotopentwicklungspotenzial für Extremstandorte eingestuft.

Durch das Vorhaben kommt es zum Eingriff in Biotoptypen von geringer bis hoher ökologischer Bedeutung.

Es kommt zum Eingriff in den Kummentalsiefen, Gehölzstrukturen, Gras- und Krautfluren, Uferhochstaudenfluren sowie Fettweiden von trocken bis nasser Ausprägung. Die Klärteiche entfallen.

Durch die Gewässerverlegung gehen keine essentiellen Lebensraumstrukturen für planungsrelevante Arten verloren.


2.3. bis 2.3.11 Belastbarkeit der Schutzgüter unter besonderer Berücksichtigung der Gebiete und der Art und Umfang des ihnen jeweils zugewiesenen Schutzes (Schutzkriterien)

Vorliegend wurden für alle besonders geschützten Gebiete im Sinne der Kriterien nach Anlage 3 Nr. 2.3.1 bis 2.3.11 UVPG geprüft, ob diese im Einwirkungsbereich des Vorhabens liegen, bzw. aufgrund der anlagenbedingten Wirkfaktoren erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen auf diese Gebiete zu erwarten sind.

Das Vorhaben befindet sich in einem Landschaftsschutzgebiet (Anlage 3 Nr. 2.3.4 des UVPG), die Belange werden im Rahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans berücksichtigt. Mit der geplanten Maßnahme soll eine Verbesserung der ökologischen Gegebenheiten erfolgen.

Weitere in Anlage 3 Nr. 2.3 ff. des UVPG mit besonderer ökologischer Empfindlichkeit aufgeführten Gebiete werden durch das geplante Vorhaben weder beeinträchtigt noch berührt.


3. Art und Merkmale der möglichen Auswirkungen

Aufgrund der Merkmale des Vorhabens und der Ergebnisse der Prüfung aller Kriterien unter Nr. 1 und 2 in Anlage 3 des UVPG sind auch keine nachteiligen Auswirkungen durch die Gewässergestaltung im Zusammenhang mit dem Bau des Regenrückhaltebeckens auf die Umgebung und die Bevölkerung zu erwarten.

Durch das Vorhaben kommt es zum Eingriff in Biotoptypen von geringer bis hoher ökologischer Bedeutung.

Es kommt zum Eingriff in den Kummentalsiefen, Gehölzstrukturen, Gras- und Krautfluren, Uferhochstaudenfluren sowie Fettweiden von trocken bis nasser Ausprägung. Die Klärteiche entfallen. Durch Vermeidungsmaßnahmen wird der Eingriff so gering wie möglich gehalten.

Insgesamt führt das Vorhaben durch die naturnahe und standorttypische Gestaltung des Gewässerverlaufes, der Ansaat von Regiosaatgut an Rohbodenbereich und der Anpflanzung standortgerechter Laubgehölze zu einer ökologischen Aufwertung des Gebietes.

Durch die Gewässerverlegung gehen keine essentiellen Lebensraumstrukturen für planungsrelevante Arten verloren. Fortpflanzungs- und Ruhestätten sind nicht betroffen. Das Gelände gilt als potentielles Nahrungshabitat für Fledermäuse und Vögel. Die Arten können das Gelände nach Ende der Bauarbeiten auch wieder zur Nahrungssuche nutzen.

Mögliche Sommerquartiere für Fledermäuse werden erhalten. Amphibien, die das Gewässer als Laichhabitat genutzt haben, können Ausweichhabitate abwandern.

Bei der Bodenumlagerung handelt es sich überwiegend um bereits anthropogen veränderten Boden mit einer geringen Wahrscheinlichkeit von Naturnähe. Außerhalb des Kläranlagengelände liegen jedoch natürliche Bodeneigenschaften vor. Es handelt sich um schutzwürdigen Grundwasserboden, der partiell und kleinflächig in Anspruch genommen wird.

Da die Gesamtmaßnahme „Renaturierung des Kummentalsiefens“ zu einer ökologischen Aufwertung des Geländes und zu einem Wertzuwachs von 35.345 ökologischen Wertepunkten führt, gilt der Eingriff in die Biotopfunktion darüber als ausgeglichen.

Kompensationsmaßnahmen für das Schutzgut Biotopfunktion wirken sich auch positiv auf die Bodenfunktionen aus.

Während der Bauarbeiten kann es temporär zu Beeinträchtigung des Fließgewässers durch Sedimenteintrag kommen. Durch Vermeidungsmaßnahmen wird der Sedimenteintrag minimiert.

Die Neuprofilierung des Kummentalsiefens erfolgt möglichst naturnah gemäß dem Leitbild eines Kerbtalbaches des Grundgebirges.

Durch den Bau des Regenrückhaltebeckens, zur Drosselung der Entlastungswassermenge aus dem bestehenden Regenüberlaufbecken kommt es zu einer hydraulischen Entlastung des Kummentalsiefens.

Die Erneuerung/Aufweitung der drei Durchlässe am Kummentalsiefens bewirkt eine Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit des Kummentalsiefens.

Das Vorhaben wirkt sich überwiegend positiv auf das Schutzgut Wasser aus.

Das Kläranlagengelände gilt derzeit als anthropogen stark überprägt. Durch die Gewässerentwicklungsmaßnahme am Kummentalsiefen wird ein naturnahes Bachtal geschaffen, welches zur Aufwertung des Landschaftsbildes beiträgt. Das Regenrückhaltebecken entsteht im Bereich des 1. Klärteiches. Durch entsprechende Eingrünung wird das Becken in das Landschaftsbild eingepasst.

Das Vorhaben wirkt sich überwiegend positiv auf das Landschaftsbild aus.

Es kommt zur Umnutzung landwirtschaftlicher Weidefläche in geringem Umfang.

Auf Grund der Merkmale des Vorhabens sind keine möglichen erheblichen negativen Auswirkungen insbesondere hinsichtlich der Schwere und Komplexität der Wahrscheinlichkeit, der Dauer, der Häufigkeit, und der Umkehrbarkeit zu erwarten.

Die Auswirkungen des Vorhabens auf die relevanten Umweltschutzgüter, Schutzfunktionen und sonstigen Aspekte einer nachhaltigen Umweltvorsorge sind lokal begrenzt. Dass unter Punkt 2.3.4 erfasste Landschaftsschutzgebiet ist durch das Planvorhaben nicht nachhaltig negativ betroffen. Vielmehr werden die zu erwartenden Auswirkungen der Planung aufgrund der starken anthropogenen Überformung und Beeinträchtigung des Gewässers als positiv bewertet.

Das geplante Vorhaben bedarf daher keiner Umweltverträglichkeitsprüfung nach den Vorschriften des UVPG. Gemäß § 5 Abs. 3 UVPG ist diese Feststellung nicht selbständig anfechtbar. Die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 UVPG erforderliche Information der Öffentlichkeit erfolgt mit dieser Bekanntmachung.


Gummersbach den 05.09.2022
Oberbergischer Kreis
Der Landrat
- Untere Wasserbehörde -
Im Auftrag
gez.
Tanja Seibt

Veröffentlichungsdatum: 06.09.2022