05.11.2003: Aufbauarbeit im Gemeindepsychiatrischen Verbund

1 Jahr erfolgreicher Aufbauarbeit im Gemeindepsychiatrischen Verbund

Oberbergischer Kreis. Der 1998 vom Kreistag des Oberbergischen Kreises verabschiedete Psychiatrieplan sieht den Aufbau eines trägerübergreifenden Gemeindepsychiatrischen Verbundes vor. Die rechtlichen Voraussetzungen hierzu waren kurz zuvor durch das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGDG) vom 25.11.1997 geschaffen worden.

In der Präambel der Vereinbarung zur Schaffung eines Gemeindepsychiatrischen Verbundes vom 06.08.2002 heißt es u. a.: „Ziele des Gemeindepsychiatrischen Verbundes sind die Bereitstellung individueller, bedarfsgerechter und zeitnaher Hilfen für jede hilfsbedürftige schwer und psychisch kranke/behinderte Person im Oberbergischen Kreis. Dadurch soll die fachgerechte und angemessene Versorgung aller psychisch kranken Bürgerinnen und Bürger der Region, die von den niedergelassenen Ärzten und von den allgemeinen Hilfsdiensten nicht, bzw. nicht ausreichend versorgt werden, erreicht werden.“

Den Planungsverantwortlichen wurde auferlegt, dass dem einzelnen erkrankten/behinderten Menschen größtmögliche Förderung zuteil werden sollte. Dieses Ziel war aber nur erreichbar, in dem in jeder der drei Regionen des Kreises lediglich ein Träger im ambulanten Suchtbereich und ein weiterer Träger für den ambulanten Bereich Psychiatrie tätig wird. Die bisherige Wahlmöglichkeit würde auf Dauer den finanziellen Rahmen sprengen.

Aufgabe des vor einem Jahr mit dem Caritasverband für den Oberbergischen Kreis, dem Diakonischen Werk des Kirchenkreises Lennep, der Oberbergischen Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderte (OGB) und dem Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises gegründeten Verbundes ist die Versorgung von psychisch kranken Menschen, Abhängigkeits-
kranken und Menschen in sozialen Notlagen. Er hat das Ziel, eine enge Kooperation der verschiedenen Träger zu erreichen und eine untereinander vergleichbare Falldokumentation zu erstellen, die einen externen Qualitätsvergleich gestattet und eine personenzentrierte Ermittlung des jeweiligen Hilfsbedarfs ermöglicht.

Die Aufgabenerledigung umfasst u. a. folgende Bereiche:
  • Umstellung der Versorgungsleistungen auf den personenzentrierten Ansatz
  • Übernahme und Erfüllung von Pflichtversorgungsaufgaben in den Bereichen Beratung, Behandlung, Rehabilitation und Eingliederungshilfe
  • Bedarfsgerechtigkeit der Leistungen (Vermeidung von Unter- und Überversorgung in den Bereichen sozialpsychiatrische Behandlung, Rehabilitation und Eingliederungshilfe – jeweils stationär und ambulant)
  • Kurzfristige Hilfeleistungen im Bedarfsfall
  • Individuelle Hilfebedarfsermittlung in Absprache mit den Hilfesuchenden und wichtigen Bezugspersonen
  • Lebensweltbezogene und zielorientierte Rehabilitations- und Behandlungsplanung
  • Einbeziehung nicht-psychiatrischer und nicht-professioneller Hilfen

Für psychisch kranke und behinderte Personen des Oberbergischen Kreises wird fortan die Bereitstellung individueller, bedarfsgerechter und zeitnaher Hilfen sichergestellt. Diese weitreichende Verpflichtung ist letztendlich nur durch die Konzentration der Leistungsangebote in einem Verbundsystem möglich.

Der Oberbergische Kreis übergab mit In–Kraft-Treten des Gemeindepsychiatrischen Verbundes am 01.09.02 sechs Sozialarbeiterstellen. Die Verbände verzichteten ihrerseits im Interesse der Vermeidung von Doppelbetreuungen und weiten Anfahrtswegen auf vergrößerte Einzugsgebiete und erhielten im Gegenzug Gebietsschutz für ihre Regionen.
Nach einem Jahr Aufbauarbeit kann der Verbund heute eine positive Bilanz seiner Tätigkeit ziehen. Die Erreichbarkeit der sechs Niederlassungen ist auf einem Schaublatt dargestellt. Hervorzuheben ist die identische Anschrift des Caritasverbandes und der Oberbergischen Gesellschaft zur Hilfe für psychisch Behinderte im Gebäude der Nebenstelle des Gesundheitsamtes in Waldbröl. In Wipperfürth sind die beiden Stellen zentral im innerstädtischen Bereich gelegen und nur wenige Gehminuten voneinander entfernt.

In einer bestimmten Region haben hilfesuchende Bürgerinnen und Bürger lediglich zwei denkbare Anlaufadressen. Jeder Träger ist „Anlaufstelle“; sollten im Einzelfall Ratsuchende mit ihrem Anliegen an der anderen Stelle besser versorgt werden können, wird er auf kurzen Wegen dorthin geleitet.

Der GPV im Oberbergischen Kreis gehört zu den ersten seiner Art in NRW und könnte Modellfunktion erlangen. Die Koordination ist beim Gesundheitsamt des Oberbergischen Kreises angesiedelt. Die Zusammenarbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat sich auf allen Ebenen verbessert, gleichwohl gilt bei den Verantwortlichen das angestrebte Vernetzungsziel als noch nicht voll erreicht. So muss die Arbeit im Verbund noch lebendiger gestaltet und Chancen weiterer Verknüpfungen erkannt und konsequent umgesetzt werden. Z. B. ist die Einigung auf ein einheitliches Hilfeplan- und Dokumentationssystem zur besseren Vergleichbarkeit untereinander und im Vergleich zu anderen Regionen von hoher Priorität.

Die Bemühungen der Steuerungsgruppe des Gemeindepsychiatrischen Verbundes, hier zu einer Vereinheitlichung zu kommen, konnten bisher nicht abschließend erreicht werden. Auswirkungen werden zudem erwartet von der Neuregelung der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe im Bereich der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, die mit dem Ziel geleistet werden soll, selbständiges Wohnen zu ermöglichen oder zu sichern. Die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers umfasst in diesem Bereich ab 01.07.2003 auch die Planungsverantwortung und die Ermittlung des Bedarfs.

Hier gilt es, die Planungszuständigkeiten und Systeme beider Träger aufeinander abzustimmen. Gespräche mit dem Landschaftsverband Rheinland werden in Kürze folgen. In diesem Zusammenhang bleibt auch das Ergebnis der ersten Regionalkonferenz des Landschaftsverbandes Rheinland am 10.11.03 in Gummersbach abzuwarten.

Es gibt durchaus positive Anzeichen für eine Erweiterung des Verbundes. Sechs Betrittswillige, nämlich zwei Träger stationärer und vier Träger ambulanter Dienstleister haben durch Anträge, die zur Zeit im Aufnahmeprüfungsverfahren sind, ihr Interesse an einem Beitritt bekundet.

Ein Jahr intensiver Zusammenarbeit bestätigt die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges. Trotz leerer kommunaler Kassen ist der Gemeindepsychiatrische Verbund im Oberbergischen Kreis ein Beweis dafür, dass durch die Bündelung von Aufgaben keine Leistungseinschränkungen zum Nachteil von in aller Regel sozial schwachen Bürgerinnen und Bürger erfolgen müssen. Problematisch werden die angekündigten Reduzierungen der Landeszuschüsse im Suchtbereich ab 01.07.2004 bzw. 01.01.2005 gesehen. Die Freien Träger im Oberbergischen Kreis würden hiervon erheblich betroffen sein.

Die Bewältigung der zukünftigen Aufgaben wird davon abhängen, ob Kompensationsmöglichkeiten gefunden werden können. Andernfalls ist es unabdingbar, andere Aufgaben zu vernachlässigen, wohl wissend, dass hierdurch Defizite in der Suchthilfe deutlich werden.


Letzte Änderung: 05. November 2003