12.08.2005: Eltern lassen sich bei Erziehungsproblemem zunehmend helfen

Psychologische Beratungsstelle des Kreises hat immer mehr Arbeit

Oberbergischer Kreis. Immer mehr Eltern suchen Hilfe bei der Erziehung ihrer Kinder. Während einige Väter und Mütter Rat bei der Super-Nanny im Fernsehen suchen, betreut die Psychologische Beratungsstelle des Oberbergischen Kreises im Verborgenen jedes Jahr mehr Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 27 Jahren. Die Probleme reichen von Schlaf- und Essstörungen über Leistungsabfall und Ängste bis hin zu Schwierigkeiten, die in Familien entstehen, wenn sich Eltern trennen. Die Trennungs- und Scheidungsberatung machte im vergangenen Jahr mit fast 44 Prozent den mit Abstand größten Anteil an der Arbeit der Berater aus. 

„Aus unserer Sicht können wir von einem eindeutigen Trend zu immer größerem Beratungsbedarf in der Bevölkerung ausgehen“, sagte Peter Baumhof, Leiter der Beratungsstelle, am Donnerstag bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2004. Von 556 Kindern und Jugendlichen, die 2003 aufgenommen wurden, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 640. Eine Steigerung um 15 Prozent. Die Gesamtzahl der betreuten Familien sei auf 1026 angestiegen, so Baumhof. Zusätzlich führten die acht Fachkräfte 84 Krisengespräche. „In zehn Jahren haben sich die Fallzahlen fast verdoppelt, obwohl es uns gelungen ist, vor fünf Jahren die Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie einzurichten“, fügte Sozialdezernent Dr. Jorg Nürmberger hinzu.

Der gestiegene Beratungsbedarf habe laut Baumhof längere Wartezeiten zur Folge. Mittlerweile müsste eine Familie auf ein erstes Gespräch vier bis sechs Wochen warten. Dabei geht Dr. Peter Melchers, Chefarzt der Tagesklinik und Institutsambulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Gummersbacher Kreiskrankenhaus, von einer weit höheren Zahl Betroffener aus. Melchers hat festgestellt, dass „von rund 60.000 Kindern und Jugendlichen im Oberbergischen Kreis etwa 3000 dringend eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung benötigen. Bei weiteren 7000 besteht ambulanter Behandlungsbedarf.“

Eine Zahl, die von den drei Beratungsstellen im Oberbergischen Kreis nicht zu bewältigen ist, wie Peter Baumhof verdeutlichte. Denn die Beratungsstelle des Kreises in Gummersbach, das Haus der Familie der Diakonie in Waldbröl und die Beratungsstelle des Verbandes der katholischen Kirchengemeinden Oberberg in Wipperfürth würden insgesamt 3000 Familien betreuen. Baumhof: „Von den rund 60.000 im Kreis lebenden Kindern und Jugendlichen sind dies gerade 5 Prozent, bei einer wahrscheinlichen Bedürftigkeit von 15 bis 18 Prozent.“

Dem gestiegenen Bedarf bei der Erziehung auffälliger Kinder stünden jedoch keineswegs Heerscharen von Fachkräften gegenüber. Während die Beratungsstelle des Kreises bislang nicht mit Personalkürzungen kämpfen müsste, geht es den Kollegen in der Beratungsstelle in Waldbröl viel schlechter, weil sie unmittelbar von Kürzungen der Landeszuschüsse betroffen sind, erklärte Baumhof. Sozialdezernent Nürmberger ist die schwierige Lage der Beratungsstellen im Kreis bekannt. „Wir rechnen damit, dass zum nächsten Haushaltsjahr entsprechende Zuschussanträge an den Kreis gestellt werden.“ Bislang teilen sich die beiden Einrichtungen 435.000 Euro Zuschuss aus der Kreiskasse. 575.000 Euro investiert der Kreis in seine eigene Beratungsstelle. „Es wird schwer werden, das Niveau der Beratung im Kreis aufrecht zu erhalten“, sagte Nürmberger.


Letzte Änderung: 12. August 2005